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Sonstige

Den Schleier des Geldes lüften. Eine Rück- und Vorschau

Wofür haben sie zuletzt Geld ausgegeben und was wissen Sie von den Menschen, bei denen Sie gekauft haben? Was sind deren Lebensrealitäten. Träume, Wünsche, welche Geschichten haben sie zu erzählen? Seit gut zwei Wochen gehen Peter Stamer und Ilya Noé diesen Fragen in Albanien auf den Grund. The Path of Money heißt die Kollaboration, deren Ergebnisse am 17.06.2022 im ZETA Center for Contemporary Art vorgestellt werden.

Angekündigt wurde die neue Kollaboration der beiden Wahlberliner Kunstschaffenden bei der Veranstaltung “The other artist talk(s)”, die am 27.05. bei ZETA stattfand. Stamer und Noé überließen es dabei ihrem jeweiligen Gegenüber, die aus dessen Sicht interessantesten Arbeiten des Anderen auszuwählen, Fragen zu stellen und sich gegenseitig vorzustellen. Eine Menge Gesprächsstoff, auch wenn die Dauer des Abends deutlich unter den angekündigten fünf bis sieben Stunden lag. Zur Sprache kam etwa Ilya Noés Projekt Deerwalk aus dem Jahre 2003: Im nordportugiesischen Vila Nova de Cerveira – dem Land des Hirsches – wurde Dank des menschlichen Eingriffs, seit Jahrzehnten kein lebender Hirsch mehr gesehen. Also beschloss die gebürtige Mexikanerin Noé den Hirsch in die Stadt zurückzubringen und begann das Gebiet zu kartieren, um das Tier in den von ihr erstellten Stadtplan einzufügen. Alle Strecken lief sie mit selbstgebauten Hufen ab; golden leuchtende Hirschspuren hinterlassend.

Thema war auch die von Peter Stamer entwickelte Performance On Truth and Lie in an Extra-Moral Sense, die 2020 auch in Tirana aufgeführt wurde. Sie basiert auf einem gleichnamigen Essay Nietzsches und wird von Frank Willens interpretiert. Willens interagiert mit einem aus losen Holzbrettern zusammengesteckten Kubus, der den Käfig des begrifflichen Weltzugangs des Menschen repräsentiert. Mit dem Holzkäfig soll am Ende auch der begriffliche zum Einsturz gebracht werden.

Highlight des Abends war jedoch die Vorstellung des neuen Vorhabens von Stamer und Noé: The Path of Money. Am Geburtshaus Naim Frashëris in der Bashkia Përmet solle die Reise beginnen, so Stamer. Das Haus ziert neben dem Porträt des Nationalschriftstellers die 200 Lek-Note, deren Weg die Künstler über jeden Tauschakt folgen wollen. Ohne Plan, ohne Übersetzer. Bereits 2009 folgte Stamer dem Weg des Geldes über 4000 Kilometer durch China. Dabei begegnete er den unterschiedlichsten Menschen und hielt deren Geschichten in einem Dokumentarfilm fest. Auch Noé setzte sich in früheren Arbeiten mit dem Tauschprinzip auseinander, indem sie es durchbrach: In ihrem Projekt Gifti(n)g sollten ausgesetzte Keramikpilze möglichen Findern ein Geschenk machen, für welches sie sich niemals werden revanchieren können. Der Tauschakt stiftet eine flüchtige Verbindung zwischen den Tauschenden, die mit dem Besitzerwechsel von Ware und Geld wieder erlischt. Das zwischen den Tauschenden vermittelnde Geld hört dagegen nie auf, zu zirkulieren. Es wandert weiter von Hand zu Hand und bildet somit ein “unsichtbares Band” zwischen den Menschen, wie es mit Karl Marx einer der größten Kritiker des Geldes formulierte. Indem Stamer und Noé mit The Path of Money die Perspektive des Geldes einnehmen und dessen Weg folgen, können sie den Schleier des Warentausches für einen Moment heben und den Blick auf die lebendigen Menschen dahinter richten. Man darf gespannt sein, welche Geschichten diese in Albanien zu erzählen haben. Am 17. Juni werden wir mehr erfahren.